PORTFOLIO
EDITORIAL WORK


"Home & Places"
Fotografien von Sandra Senn und Bärbel Miebach
Ausstellung 11. September 2014



"Landscape"
Fotografien von Eva Kinaden und Bärbel Miebach
Austellung 22. Mai 2014



"Baby Valentina"
Portraits von Bärbel Miebach
Ausstellung 12. Februar 2014


Am Anfang stand eine Beobachtung, die Bärbel Miebach irgendwann im Jahr 2010 an sonnig-milden Frühlingstagen im Gramercy Park in Manhattan machte: New Yorker Kindermädchen und andere Parkbesucher zeigten bei der Interaktion mit Babys unweigerlich tiefsitzende Gefühlsregungen in ihren Gesichtern. Die Fotografin war fasziniert – und die Idee zu einem außergewöhnlichen Projekt geboren.

Für ihre Porträtserie mit dem Titel „Baby Valentina“ lud Bärbel Miebach nicht nur Männer und Frauen ins Studio ein – sondern auch die sieben Monate alte Valentina. Während der Fotosession ließ die Fotografin die Protagonisten dem Baby, das sie in einem Tragetuch vor den Körper gebunden hatte, sehr nah gegenüber sitzen.

In diesem Dreiecksverhältnis veränderte sich die übliche Dynamik zwischen Fotograf und seinen Modellen radikal. Ist der Porträtierte sonst allein vor der Kamera, verkrampft er meist mit seinem unerwiderten Lächeln in einer allmählichen erstarrenden Pose. Durch Baby Valentina jedoch, dem dritten Element im Spiel zwischen Kamera und Modell, entstanden Bilder voller berührender, fesselnder Ausdruckskraft.

Die Erwachsenen richten ihre Aufmerksamkeit nicht mehr auf die Fotografin hinter der Linse, sondern konzentrieren sich mit voller Hingabe auf Valentinas offenes Gesicht. Sie wollen das Kind zum Lachen verführen, ignorieren mit ihrem nach unten gerichteten Blick die Kamera vollkommen – so ist die Fotografin nicht mehr das einschüchternde Gegenüber, sondern dokumentiert nur noch Expressionen. Die Porträtierten gewinnen an Authentizität, kokettieren mit dem Kind, verlieren sich zwangsläufig im befreit Spielerischen. Der Ausdruck kann unverfälscht eingefangen werden.

Das Resultat ist eine Serie von rund einem Dutzend Portraits, die Bärbel Miebach im Jahr 2010 in New York begann und später in Deutschland weiterführte. Baby Valentina selbst ist nicht Teil der Ausstellung. Ihr berührendes Gesicht wird jedoch dem Besucher nicht vorenthalten, sondern auf einem überdimensionierten Banner gezeigt. Den Betrachter – der ja keinen sichtbaren Auslöser erkennen kann – verblüfft das extreme Mienenspiel der Männer und Frauen, doch selbst die dramatischsten Grimassen deuten auf eine spielerische Situation hin. In den Physiognomien spiegeln sich indes nicht nur heitere Regungen sondern auch unwillkürliche Wehmut oder wehe Zärtlichkeit.

Mit Bildern von Menschen, die mit weit aufgerissenen Augen an ihrem Objektiv vorbeischauen, thematisiert Bärbel Miebach den Blickkontakt als Essenz des fotografischen Genres. In ihrer Fotoserie ist er das einzige Band zwischen zwei Fremden, und der Erwachsene hat nur wenig Zeit, die schnell versiegende Neugier des Babys wach zu halten. Er tut es mit ungehemmtem Einsatz. Die Adressatin seiner übertriebenen, mitunter grotesken Avancen ist von Geburt an darauf konditioniert, Gesichtern mehr Aufmerksamkeit als irgendeinem anderen Gegenstand zu schenken. Wir Menschen wissen schließlich die von zahllosen Muskeln bewegte Mimik zu interpretieren, bevor wir irgendetwas anderes verstehen. Gesichter sind unsere wichtigste Informationsquelle, für den Rest unseres Lebens suchen wir sie überall – ob im Muster eines Teppichs, in Flecken an der Wand oder in den Wolken. Der sprachlose Blickkontakt ist die Urform der Kommunikation und schafft ein Band, das weit über die Netzhaut hinausgeht.